Ein Hattrick… zumindest fast
In den nördlichen Kalkalpen gibt es sehr schöne und auch anspruchsvolle Rissklettereien. Zu den großen Klassikern gehören hier sicherlich 3 Touren. 3 Touren die auf meiner „To do Liste“ standen. Die „Locker vom Hocker“ im Schüsselkar ist sicherlich diejenige von den Dreien, die mich am meisten reizte. Es war nicht schwer Alfred für diese „Schandtat“ zu überreden. Schließlich ist er ein Vollblutalpinist und Routensammler wie er im Buche steht. Für mich gings das erste mal ins Schüsselkar. Der Zustieg war mit 2h für mich schon relativ weit. Doch für so eine Tour geht man doch gerne so lange zur Wand.
Schüsselkar: die erste Länger der „Locker vom Hocker“ – sie ist steiler als sie ausschaut
Und was hier los war… Unmengen an Kletterern tummelten sich hier. Gott sei Dank waren wir die einzige Seilschaft die sich die Kingline von den Altmeistern Wolfgang Güllich und Kurt Albert vornahmen. Das Warmup war schon beeindruckend: 8- und nicht wirklich gut abgesichert (1 Hex, 1 Klemmkeil und ein Schlaghaken findet man auf den ersten 45m).
los gehts
Alfred in der ersten Länge
Mir hats da die Unterarme ganz schön aufgeblasen… aber ich hatte auch mental einen ganz guten Tag und konnte diese Seillänge onsight klettern. Alfred folgte zügig. Zwei Seillängen später standen wir unter der berühmten Platte.
die zweite Länge ist auch nicht so ohne
in der berühmten Plattenlänge
welcher passt?
Alfred war mit Vorsteigen dran und meisterte diese Probe sehr gut. Auf diesen 30m finden sich die einzigen Bohrhaken der Tour (außer an den Standplätzen) – 2 Stk davon stecken in dieser Länge. Ich konnte diese Länge im Nachstieg sturzfrei absolvieren.
ganz schön knifflig
Nach einer weiteren Länge kamen wir auf ein Band von dem wir wieder abseilten (die letzten leichteren Längen haben wir ausgelassen). Obwohl wir nicht ganz raus kletterten, sind wir immerhin alle schweren Längen der Tour geklettert. Der zweite große Klassiker war die „Tschechenplatte“ im Karwendel. Mit Martin gings den langen Zustieg rauf Richtung Hallerangerhaus. Dieser Klassiker führt durch die Nordwand der „Schnittelwände“.
die Schnittelwände
Auch sie ist mit 8- bewertet und führt von unten bis oben durch ein Risssystem. Obwohl sie mit schlappen 170 Höhenmetern eigentlich relativ kurz ist, sollte man sie nicht unterschätzen. Die Seillängen sind ausnahmslos alle sehr anspruchsvoll und jeder Meter will ehrlich geklettert werden.
kurz vor der Crux
da mag man schon zupacken
super Risskletterei – und das alles fast clean
Als Zwischensicherung gibts hier nur 2 Schlaghaken in der Schlüsselstelle. Der Rest darf und muss selbst „erledigt“ werden. Aber auch hier sind die Stände gebohrt. Die Kletterei war gar nicht banal und hat uns sehr viel Spaß gemacht. Ich konnte diese Traumtour mit Direktausstieg im Onsight klettern (alle Längen im Vorstieg).
Riss, Riss, Riss
auf gehts
das ist der Oberhammer!
Osttiroler Kombi – mit Martin ischs immer lässig am Berg
Sie gehört für mich sicherlich zu den schönsten Touren in den nördlichen Kalkalpen. Tags drauf sind wir noch die grenzgeniale „Hundert Wasser“ von Reini Scherer geklettert. Auch sie gehört sicherlich zu den Perlen des Karwendels, wenn nicht sogar von den gesammten nördlichen Kalkalpen. Sie ist ein heisser Tip für alle, die gerne gut gesicherte, aber trotzdem anspruchsvolle Sportklettertouren klettern. Die letzte der drei Touren, die mir zum Hattrick fehlte, waren die berühmten Pumprisse im Wilden Kaiser. Bisher hat mich der Kaiser klettertechnisch nicht wirklich überzeugen können (mit Ausnahme der Fleischbank SO-Verschneidung, die wirklich sehr schön ist). Trotzdem ghört diese Tour einfach ins Tourenbuch… hab ich mir zumindest gedacht.
aufmagaziniert 🙂
der Fleischbankpfeiler
So gings mit Flo auf in den Wilden Kaiser. Für ihn wars auch der erste Besuch im Koasa (wie ma so schön sagt). Wir haben uns alle notwendigen Friends ausgeliehen (rauf bis zur Größe 6) und starteten vollbepackt in die Wand. Bei den „Zustiegslängen“ wunderten wir uns schon über die Bewertung… ich kenne schon den Unterschied zwischen schwerer Bewertung und vollkommen daneben gegriffen. Aber bei den Panicoführern wundert mich schon lange nichts mehr. Also haben wir diese Längen hinter uns gebracht.
in den Zustiegslängen
Pendelquergang nach rechts
Anders kann man es nicht nennen. Der Fels war zwar fest, aber meiner Meinung nicht sehr schön zu klettern. Dann standen wir unter den berühmten Rissen. Ich stieg ein. Da wir etwas Zeitdruck hatten (Flo musste seinen Zug erwischen), hab ich nicht lang rumgefackelt und bin die Stellen, an denen ich nicht auf Anhieb eine Lösung fand per Friend-A0 raufgezogen und weiter geklettert. Die Kletterei hat mir nicht wirklich gefallen. Man steckt mit der Schulter in einem glatten Riss und arbeitet sich hoch… anders kann man das nicht nennen. Kurz bevor sich die Wand zurück legte und ich kurz vor dem Stand war, steckte ich nochmal fest. Wieder wollte ich nicht lang rumfackeln, steckte den 6er Friend rein und zog an. Offenbar hatte ich den Friend nicht sauber gelegt, bzw. ihn nicht richtig in Belastungsrichtung angezogen, und ihn somit aus seiner Position raus gedreht. So schnell konnte ich gar nicht schauen, wie es abwärts ging. Der Sturz war vollkommen unerwartet. Als der Sturz nicht gleich im Seil endete, wusste ich, dass der erste Friend, der gleich darunter lag nicht gehalten hatte. Der Flug ging weiter… auch der nächste Friend darunter hielt nicht stand und ich flog weiter. Das ging alles so schnell, dass ich es gar nicht richtig mitbekommen hatte. Doch dann hielt der nächste Friend. Schlussendlich hing ich ca. 5-6m über Flo im Seil. Ich war fast die ganze Länge runter gefallen… puh… in der ersten Sekunde war ich etwas schockiert, in der zweiten musste ich lachen 😀 Flo fands irgendwie gar nicht so lustig und konnte mein Lachen anfangs nicht teilen.
wahhahahaha – das war ein Flug
Ein Blick rauf verriet, dass ein 5er gehalten hatte. Den 6er Friend hielt ich immer noch in der Hand. Ein 5er und ein vollkommen verbogener 4er Friend hingen im Seil vor meiner Hüfte… Also wieder rauf… doch gleich merkte ich, dass der rechte Fuß schmerzte. Als ich ihn ansah, stach mir auch schon ein „Tennisball“ von Schwellung ins Gesicht. Da ist was passiert… ich sagte gleich zu Flo, was Sache war. Also cleante ich noch die Seillänge. Danach kümmerte sich Flo ums Abseilen (wir konnten über die Fixseile einer Seilschaft, die gerade die daneben liegende „Kaisers neue Kleider“ auscheckte, abseilen).
der Tennisball gehört auf den Sandplatz – nicht in meinen Fuß 🙂
Am Wandfuß hieß es dann Zähne zusammenbeißen und abwärts. So humpelte ich eine gefühlte Ewigkeit – rechts Barfuß (in den Schuh kam ich nicht mehr rein) – den Berg runter. Unten angekommen hielt ich den Fuß gleich ins kühlende Wasser eines Bachs. Flo sortierte alles Material und dann gings auch schon ab Richtung Uniklinik Innsbruck. Hier wurde mir dann ein Bänderriss mit Knochenanteil und eine sehr starke Prellung der Ferse diagnostiziert. Das heisst auf Deutsch: 4-6 Wochen Pause.
Uniklinik Innsbruck…
Eine Pause im wohl schönsten Sommer, den es seit langem gegeben hat. Aber naja… ich kanns nicht ändern. Für das wie weit ich geflogen bin, ist alles noch sehr glimpflich abgelaufen. Ich hatte nicht einmal einen Kratzer, nichts… Ich kann mich nicht einmal erinnern wo ich mit dem Fuß die Wand touchiert habe. Es ging alles viel zu schnell. Da ich den Sturz nicht kommen sah, war ich Passagier… Passagier auf einen 20 / 25m Flug. Aber egal. Es ist ja nichts passiert.
der hat den Sturz nicht aufgefangen… dafür hats ihn ordentlich verbogen – jetzt ist er reif fürs Museum
Knochen und Bänder heilen wieder. Das Ego ist zwar etwas angeschlagen und die Geduld wurde und wird etwas auf die Probe gestellt. Aber solche Kleinigkeiten kann ich leicht ertragen. Das wichtigste ist, dass es mir gut geht und ich wieder klettern werde 🙂 Somit habe ich den Hattrick leider nicht geschafft… egal. Meiner Meinung nach sind die „Tschechenplatte“ und „Locker vom Hocker“ sowieso viel die schöneren Touren (unabhängig von meinem Sturz).
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