Unter Geiern – Riglos
Das ist die Geschichte vom Unterarmgulasch… Schon öfter bestaunte ich die Fotos vom supersteilen Konglomerat in der Spanischen Sonne. Bei einer Feier im November 2010 erzählte uns dann Andi Ferstl, dass er erst vor kurzem dort klettern war. Seine Erzählungen ließen unsere Finger feucht werden 🙂 Daraufhin beschlossen wir uns das selber mal anzuschaun.
Dominik, Manuel und ich kurz vor dem Abflug am Flughafen Wien
Mit Manuel hatte ich gleich einen starken, motivierten und verlässlichen Partner für diesen Trip. Dominik und Werner wollten sich auch anschließen. Allerdings musste Werner kurzfristig arbeitsbedingt absagen. Somit flogen wir schließlich zu dritt in die Sonne Spaniens.
die erste Nacht verbrachten wir am Flughafen in Barcelona
Zur selben Zeit machten sich Flo und Jakob auf, um die wohl berühmteste Tour der Alpen – die „Heckmair“ in der Eiger Nordwand zu wiederholen. Nach 2 Tagen Kletterei standen unsere zwei Alpinisten dann auch auf dem Gipfel des 3970m hohen Eigers. Ich freue mich total, dass ihr das geschafft habts Jungs!! Gratulation an dieser Stelle!! Die ganze Geschichte mit tollen Fotos könnt ihr hier lesen. Wir flogen nach der Arbeit nach Barcelona. Nach einer Nacht am Flughafen düsten wir mit unserem spanischen Flitzer in ca. 4 Autostunden in das namensgebende Dorf „Riglos“.
wir erblicken das erste mal das begehrte Ziel
Kurz vor unserer Ankunft sahen wir auch schon zum ersten mal in Natura die gewaltigen Wände über dem Dorf. Es war wirklich beeindruckend, und wir mussten öfter stehen bleiben, um Fotos zu machen. Im Rifugio checkten wir uns ein (sehr günstiges!) Zimmer mit Frühstück und machten uns auch gleich auf, den ersten Turm zu besteigen.
Einfahrt ins Dorf und dahinter gleich das Rifugio Riglos – unser „Basecamp“
Die Wahl fiel auf die wohl gewaltigste Wand hier: den Mallo Pison. Wir nahmen uns die Tour „Murciana“ vor. Mir war die Tour von Alexander Hubers free solo begehung von Fotos und von einem Video bekannt. Da wir zu dritt waren, durfte immer einer die komplette Tour durchführen.
Mallo Pison mit der „Murciana“ – unsere Eingehtour
Nicht wirklich ausgeschlafen, etwas geschlaucht von der Anreise, die sehr warmen Temperaturen und der ungewohnte Fels und die doch sehr große Ausgesetztheit trugen ihr übriges dazu bei, dass wir noch nicht ganz 100% Leistungsfähigkeit abrufen konnten.
steile Kletterei im 6a Bereich
der obere Wandteil hängt leicht über
Sehr beeindruckend waren die doch sehr steilen 6a / 6a+ Seillängen, welche leicht überhängend rauf zur Schlüsselstelle führten.
Manuel und Dominik in der Schlüssellänge der Murciana
Diese 6c+ Länge gelang mir gleich auf Anhieb, und somit stand nichts mehr dem ersten Gipfelsieg im Weg. Über die Abseilpiste gings wieder zum Einstieg.
immer super ausgesetzt über dem Dorf „Riglos“
Gipfelsieg am Mallo Pison
Danach wurde natürlich kräftig auf den Einstand angestoßen. 19 Bier später gingen wir ins Bett… Am nächsten Tag schliefen wir erst einmal richtig aus. An diesem Tag sollte eine 12h Kletterralley in den Riglos stattfinden.
12h Kletterrally mit ca. 30 Teams
Es war eine 75 Jahr Feier eines ansässigen Alpinvereins. 30 Teams waren am Start und hakten eine Tour nach der anderen ab. Nach gemütlichem Einkauf stiegen wir hinter 3 Seilschaften in die „Directa“ auf den „Fire“ – eine steile und sehr schöne Nadel – ein.
der „Fire“ mit dem ungefähren Routenverlauf der „Directa as Cimas“
Dominik war dran mit führen. Die Teams vor uns spürten wohl schon die vorangegangenen Touren. Somit hatten wir kein Problem locker aufzuschließen. Hinter uns reihten sich auch gleich 3 – 4 weiter Teams ein.
steile und gut gesicherte Kletterei am Fire
tolle Aussicht auf die Nordseite des Mallo Pison
Dominik führte souverän durch, und somit konnten wir diese Traumtour im Nachmittagsschatten genießen.
Tik, Trick und Track 🙂
Am dritten Tag wurde es dann ernst: Wir wollten uns die steilste Wand des Gebietes genauer anschaun – die Südwand des Visera. Die Wahl fiel auf die „Zulu Demente“.
Visera – die steilste Wand im Gebiet (links: Fiesta de los Bizeps – rechts: Zulu Demente)
Manuel hatte den Vorstieg übernommen und führte uns souverän die ersten Längen bis zu einem Podest. Von hier aus starteten die immer steiler werdenen Seillängen. Nie schwerer als 6b+ gings durch diesen leicht überhängenden Erdäpfelacker.
ich im überängenden Erdäpfelacker der Visera Südwand
Die Kletterei war sehr angenehm: nie schwer, immer was Gutes zum Stehen, unkompliziert und ausdauernd gings höher. Die Hakenabstände waren in dieser Wand schon etwas weiter als am Vortag in der „Directa“. Die Ausgesetztheit wuchs mit jeder Seillänge bis wir schließlich in einem Geiernest den letzten Stand bezogen.
steil und geil – Zulu Demente
Die letzte Seillänge war die 7b Ausdauerlänge. Die Griffe werden bis zum Schluss hin immer kleiner, und es ist eine gute Portion Ausdauer gefragt – schließlich hängt man hier immer in den Händen. Das Hallentraining machte sich offenbar bezahlt – schließlich gelang mir eine „funpoint“ Begehung (alles im Nachstieg – sturz und sitzfrei). Doch für Dominik war das noch nicht genug. Er wollte noch auf die schlanke Nadel des „el Puro“ steigen.
eine Seilschaft am Gipfel des „El Puro“
Er überredete uns und führte die gesamte „via normal“ mit Direkteinstieg bis zum Gipfel durch. Die Kletterei hat mir hier nicht wirklich gefallen: grauslige Kamin und Verschneidungskletterei in sehr abgeschmiertem Fels.
wir am Gipfel des El Puro
Dafür war der Gipfel sehr lässig – er bietet Platz für ein paar Leute – ringsum fällt die Nadel senkrecht ab. Am nächsten Tag stand meine große Wunschtour am Programm – und ich war sogar dran mit führen.
Dominik in der Schlüssellänge der „Fiesta de los Bizeps“ (7a)
Nachdem der Wind nun eigentlich jeden Tag recht stark ging, stiegen wir mit der Sonne in die Wand. Irgendwie übersah ich in der ersten Länge den Stanplatz und machte eine 50m lange Seillänge draus, die mir zum Schluss etwas hart für 6a vorkam (war dann eigentlich die Länge Nr. 2, die mit 6b bewertet ist).
die Wand steilt auf (die hängenden Seile geben die Vertikale an)
einzigartige Kletterei
Danach gings senkrecht ca. 30m rauf. Puh… mir kams ganz schön hart vor für 6b… eigentlich hab i mir gedacht, dass ich das klettern verlernt habe! Von den Kollegen am Stand hörte man die ganze Zeit nur Kichern.
Hammer, Hammer, Hammer!
Recht angestrengt kam ich dann doch noch am Stand an. Als ich das Wandfoto genauer inspizierte, wurde mir klar, dass das gerade nicht 6b, sondern 7a war. Als Manuel und Dominik merkten, dass ich´s gecheckt habe, brachen sie in schallendes Gelächter aus.
Flucht nach oben – die Arme gehen schon langsam auf 😀
Nach einer weiteren senkrechten Länge steilte sich die Wand so richtig auf. Ab hier gabs nur noch überhängende Henkelkletterei an recht guten Auflegergriffen. Am besten waren die 6. und 7. Seillänge. Hier kletterten wir so steil, dass man vom jeweils oberen Stand die Kollegen am unteren Stand fast nicht mehr sah!
bequemer Standplatz im überhängenden Gelände
Absolut exponiert und henkelig gehts hier rauf. I habs mir nicht verkneifen können, mich ab und zu nur an einer Hand in diesem überhängenden Gemäuer hängen zu lassen – es war wirklich atemberaubend. Schließlich gelang uns allen eine Onsight / Funpoint Begehung.
Fiesta de los Bizeps
Allein diese Tour ist schon die Reise in diese Gegend wert. So was klettert man wirklich nicht alle Tag. Diese Tour sollte in jedem Tourenbuch stehen! Nach der Tour genossen wir den Tag noch beim Slacken mit dem beeindruckenden Blick auf die Mallos.
Dominik beim Slacken
Mit beeindruckendem Blick auf die fette Südwand des Mallo Pison war auch schon klar, was wir für unsere Abschlusstour aussuchen würden: wo wir angefangen haben, hören wir auf – am Mallo Pison. Nach längerem hin und her entschieden wir uns für die Tucan Ausente.
Mallo Pison Südwand mit unserer gewählten Linie
Manuel war dran mit Führen und somit konnten Dominik und ich alles im Nachstieg genießen. Beim Einstieg waren wir uns nicht ganz sicher welche Linie die richtige ist, und somit wählten wir die direkteste, die oben in den weissen Streifen der Tucan Ausente führt.
Manuel im steilen Gemäuer
Doch was Manuel erwartete war alles andere als gemütlich: gemischte Absicherung mit Bohr und Schlaghaken, und das noch mit großen Abständen. Gepaart mit Schwierigkeiten bis ca. 6c und teils nicht ganz zuverlässigen Fels wars ganz schön anspruchsvoll für ihn.
altes Hakenmaterial
So gings bis zum Band in Wandmitte. Danach wechselte der Charakter der Kletterei, die Absicherung war jetzt ausschließlich mit Bohrhaken, allerdings sehr weit. In der ersten Länge nach dem Band erwartete uns eine wirklich außergewöhnliche Sache: 50m, leicht überhängende Ausdauerkletterei im vertikalen Kartoffelacker.
leicht überhängende pumpige Kletterei – diese Länge misst 55m
Das ganze mit ein ein paar schwereren Stellen und sehr zwingenden Hakenabständen ergab eine 7a Länge, die sich sehen lassen kann! Es war absolut genial! Die Länge danach war etwas zahmer, aber mit 40 / 45m alles andere als ein Honigschlecken. Wir dachten, dass wir es jetzt hatten. Das war aber weit gefehlt. Die von unten nicht allzu schwer wirkende vorletzte Länge war eigentlich die Schlüssellänge.
geil pumpige Ausdauerkletterei auf großen runden Griffen
Der Fels änderte sich hier etwas, und die gutgriffigen Henkel hörten auf einmal auf und wurden durch schlechte Aufleger ersetzt. Fazit: 2 knallharte leicht überhängende Passagen, die rotpunkt geklettert wohl eher so 7b sein dürften. Dafür war die Kletterei seeehr cool! Auch die Ausstiegslänge war total abgefahren, und so konnten wir uns zum zweiten mal auf diesem Gipfel die Hände drücken.
Schlüsselstelle der der „Tucan Ausente“ (7a? – wohl eher 7b…)
Nachdem wir abgeseilt sind, und unsere Sachen gepackt hatten, verabschiedeten wir uns von Riglos. Mit Alpenvereinsausweis konnten wir im Rifugio noch punkten und zahlten für die 4 Nächte nur knapp 55€ (inkl. Frühstück!).
die Finger sind durch – wir fahren heim
4 Autostunden später trudelten wir am Flughafen ein, wo wir die ungemütliche Nacht verbrachten und geschlaucht am nächsten Tag nach Wien zurück flogen, und der Ernst des Lebens uns wieder einholte. Es war ein grandioser Kurztrip mit vielen bleibenden Eindrücken. Es wird warscheinlich nicht das letzte mal gewesen sein, dass ich mir diese Ecke Spaniens besucht habe!
3 Kommentare
FLO · 2. Mai 2011 um 9:31
Sehr, sehr geil. Schaut echt eindrucksvoll aus! Und echt warm. Zu der Zeit hatten wir 0,0 % Sonne, Eis und Schnee . Vielleicht checken wir mal ein verlängertes WE 😎 Lg Flo
Peter · 2. Mai 2011 um 9:39
jo – des könn ma auf jeden Fall machen! A paar alpine Ziele gäbs ja noch 😉
Jürgen Krenmayr · 2. Mai 2011 um 10:33
Sehr geile Fotos, da spritzt bei mir der Schweiss schon waagrecht weg, wenn sie nur betrachte und die Geschichte dazu lese. Nicht zu erwähnen die volle Hose bei der Ausgesetztheit!!Hut ab!!!