Grand Capucin – O Sole Mio
Hochzufrieden mit den bisherigen Touren in der Schweiz und in den Enver des Aiguilles meldete der Wetterbericht 3 Tage 100%igen Sonnenschein… Ich war zwar etwas müde, und auch mit kleineren Touren zufrieden gewesen.
Gletscherzustieg zum Granitparadies
Aber wie oft passiert es, dass man aklimatisiert in Chamonix ist, und das Wetter für 3 Tage perfekt wird? Dass wir unseren „gemütlichen“ Pläne schnell vergessen hatten, versteht sich von selbst.
La Chandelle (3561m) – unser erstes Ziel ist hier die Kombination aus der „Bonatti“ und der „Tabu“
Für diesen Urlaub hatte ich zwei große Wunschziele: 1. ein paar Touren im Tourengebiet der Enverhütte zu machen (was ja perfekt aufgegangen war), und zweitens den schwierigsten Dreitausender der Alpen zu besteigen – den Grand Capucin.
Volker in der schweren Verschneidung der zweiten Länge – dieser Riss ist was für Frauenhände…
Mit seinen 3838m Höhe ist er höher als jeder Gipfel, auf den ich vorher stand (der Großglockner ist mit 3798m etwas kleiner).
am Grand Capucin wird auch fleißig geklettert
Der leichteste Weg auf diesen Gipfel ist die Schweizerführe (UIAA 7), welche Alexander Huber 2008 free solo im Auf und Abstieg (!) machte.
die senkrechte, wunderschöne und cleane Schlüssellänge (ca. 7+)
Vom letzten Jahr wusste ich, dass ich auf dieser Seehöhe UNBEDINGT gut aklimatisiert sein muss, um meine volle Leistungsfähigkeit beim Klettern ausschöpfen zu können.
die 3er Seilschaft am Nebenberg genießt bereits den Gipfelsieg
Und die O SOLE MIO ist mit ihren Rissen (i bin alles andere als ein Rissspezialist!) für mich sicher eine sehr große Herausforderung. Volker kannte schon die „Bonatti“, die „Voyage selon Gulliver“ und die beste Abseilmöglichkeit über die „L´Echo des Alpages“.
das erste Sonnenlicht fällt in „unsere“ Wände“ (klick drauf für die Originalgröße)
Durch die vergangene Woche, auf der wir uns ständig zwischen 2500 und 3400m Seehöhe bewegten, waren wir perfekt aklimatisiert.
der wohl schönste und schwerste aller Alpendreitausender – der Grand Capucin mit seinen 3838m
Wir düsten durch den Mont Blanc Tunnel auf die italienische Seite und fuhren Tags drauf in der Früh mit der Gondel zur Turiner Hütte.
eine Schneebrücke am Bergschrund – darüber zieht das steinschlaggefährdete Coloir rauf
Hier deponierten wir unsere Sachen und machten uns zur „La Chandelle“ um eine Kombination aus einer alten Bonatti und einer Tour namens Tabu zu klettern. Wir machten nicht die Rechnung mit dem Wochenende… es waren viele Leute unterwegs.
grandiose Aussicht – links der Dent du Geant mit seinen 4013m Seehöhe
Wir liefen schnell auf und standen lang im Stau. Volker ärgerte sich zwar sehr, aber ich genoss das Ambiente, den tollen Granit und diese wirklich schöne Tour. Nach der Tour gings wieder zurück zur Hütte, wo wir erst einmal was kochten.
feinster Granit in der „O Sole Mio“
Die Turiner Hütte könnte man ungefähr so bezeichnen: die schlechteste Hütte am schönsten Fleck der Alpen. Ich möchte nicht auf Details eingehen, aber noch einmal würde ich nicht auf dieser Hütte schlafen.
50m steile Risskletterei – für mich wars extrem anspruchsvoll und beeindruckend!
Die bessere Alternative wäre auf dem Gletscher zu zelten – die Gondel transportiert eh alles rauf. Nach der zweiten Nacht auf 3300m Seehöhe standen wir früh auf, um womöglichst die ersten in der Tour zu sein.
extrem geil!! – und Volker kanns im Nachstieg richtig genießen
Nach einer guten Stunde Zustieg über den Gletscher standen wir dann auch als erste unter der Wand. Hier stellte sich wieder die Bergschrundfrage. Wir zogen es vor, den mühsameren, aber sicheren Einstieg über die Felsen anstelle über das steinschlaggefährdete Coloir links daneben zu machen.
im selben Ton gehts munter weiter – und das ganze ist sehr steil und anstrengend
Dadurch mussten wir ca. 200Hm über teils brüchiges 4er Gelände rauf um zum Einstieg zu kommen.
Riss, Riss, Riss – es bleibt steil, anspruchsvoll zu klettern und selbst abzusichern
Dann gings endlich los: Volker machte die erste Länge, bevors dann richtig zur Sache ging: die zweite Seillänge bildet eine knallorange senkrechte und ausgesetzte Wand, die nur durch einen 25m Riss durchzogen wird.
wunderbarste Kletterei auf über 3500m Seehöhe
So was ästhetisches habe ich so noch nie gesehen! Die Kletterei war ungewohnt und alles andere als leicht. Leicht rechtslastig piazte ich mich den Großteil des Risses hinauf.
wir gewinnen an Höhe – weit kanns nicht mehr sein!
Natürlich durfte man alles selber absichern! Eine Passage erwies sich als ziehmlich schwer, worauf ich einen kleinen Abflug (in einen Friend) machte. Im zweiten Anlauf stellte ich von der Piaztechnik auf frontale Klemmtechnik um, was ziehmlich zach für mich war, aber funktionierte.
geschafft – Volker auf dem schmalen Gipfelgrat
Gipfelsieg! Mein bisher höchster Berg – und was für einer!
Danach legte sich der Riss etwas nach hinten und zog nochmals 25m etwas leichter hinauf. Am Stand gabs dann wieder zwei Bohrhaken. Volker genoß diese Länge im Nachstieg in vollen Zügen, und machte sich danach auf die nächste geniale Länge zu knacken.
der 500m Abseiler beginnt
Unglaublich wie steil und ausgesetzt diese Tour ist! Volker erkletterte ein kleines Dach und kam danach etwas in Schwierigkeiten… tia die Körpergröße!
jawohl – wieder auf sicherem Boden – im Hintergrund der Grand Capucin
Ich konnte diese (nicht leichte!) Sequenz im Nachstieg dann doch noch frei klettern (bin auch um einiges größer als Volker).
Sonnenaufgang & Nebelmeer auf 3300m Seehöhe (Turiner Hütte) (klick drauf für Originalgröße)
Hier standen wir nun – auf einer sonnigen Terasse in ca. 3600m Seehöhe und machten mal eine kleine Pause. Es war ein herrlicher Tag! Nach einer Stärkung gings weiter. Kurz danach kam die Schlüssellänge.
Roi du Siam – unsere Ausgehtour wird an diesem Berg absolviert
Sie war zwar eingebohrt, jedoch würde ein Sturz an mancher Stelle mit einen Grounder auf einem Podest enden. Zudem wars dann doch etwas schwerer, als im Topo angegeben.
Super Aussicht aus der Wand
Schlussendlich schaffte ich diese schöne Seillänge doch noch. Danach kamen noch zwei wirklich schöne Längen in grandiosem Fels, bevor sich die Wand etwas zurücklehnte und wir noch zwei leichte Längen bis zum Gipfel ausstiegen. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich mein Glück noch nicht fassen.
die Gipfelwand
Beide große Wunschziele konnte ich mir erfüllen, wobei der Grand Capucin sicher eine ganz besondere Anziehungskraft besitzt. Abgeseilt haben wir dann über die „L´Echo des Alpages“ – eine (rein optisch) total abgefahrene, aber sicher extrem anspruchsvolle Tour!
der Grand Capucin von einer anderen Perspektive… atemberaubend!!!
Glücklich und zufrieden gings dann wieder zurück zur grausligen Turiner Hütte. Zum Ausklang kletterten wir noch die Genußtour „Lifting du Roi“, und ließen so unseren genialen Urlaub recht gemütlich ausklingen. Schließlich war das Wetter für die kommenden Tage gewittrig gemeldet.
das nenn ich mal ein Gipfelpanorama!
So begossen wir unser aufgefülltes Tourenbuch mit ein paar Bier und dem einen oder anderen Glas Wein, bevor ich am nächsten Tag Richtung Lienz fuhr, um die letzten Tage meines Urlaubes noch daheim ausklingen zu lassen.
unser Abschiedsmenü – Käsefondue mhmmm – danke Volker für diesen beeindruckenden Urlaub!
Obwohl ich mir nicht so leicht tue mit dieser Art der Granitkletterei, hat es meinen Horizont erweitert und mir Lust auf mehr gemacht. Irgendwann werde ich sicher wieder kommen, um an diesem grandiosen Berg wieder mein Glück zu versuchen. Schließlich gibts hier noch einige tolle Touren, die es wert wären, geklettert zu werden.
10 Kommentare
Flo · 18. August 2010 um 8:02
voll Attackiert 🙂 – Geil!!!
lg Flo
Pichi · 18. August 2010 um 13:12
a WAHNSINN Peter!
Respekt!
mvh Pichi
Alex · 18. August 2010 um 14:43
unglaublich, mit welchen Leckerbissen und in welcher Geschwindigkeit sich dein Tourenbuch füllt. Immer wieder schön die tollen Bilder zu sehen.
Respekt & Gratulation, Alex
Ewa · 18. August 2010 um 17:41
Peter, langsam bist du mir unheimlich! Ich bin begeistert: von euer Leistung, von deiner Bescheidenheit und von der wunderschönen Natur , die deine Bilder zeigen. Mit dem Wetter habt ihr Glück gehabt! Herzliche Gratulationen und viel liebe Grüße!
Markus · 18. August 2010 um 21:17
…und diese Bilder! Mir bleibt sowieso der Mund offen…
peter · 19. August 2010 um 8:37
danke für die (vielen) Blumen 🙂 I geb mein Bestes!
lg Peter
Hubert · 20. August 2010 um 8:31
Net schlecht, a wahnsinn wos Du vorlegst. Da kann sich so a „Oida Mann“ wia ich nur mehr die Fotos anschaun. Weiter so!
Gruß Hubsn
Rosi · 20. August 2010 um 14:00
fotos: 1+, setzen!
wernssen · 1. Dezember 2011 um 16:13
coole fotos… dann werden wir die mal in angriff nehmen…. 🙂
dieter · 31. Mai 2013 um 18:45
hi,
voll bewunderung hab ich deine berichte gelesen.
wir möchten dieses jahr auch in diesem gebiet klettern.
kannst du mir topos von den routen zur verfügung stellen?
lg dieter