Hasse – Brandler
Die Hasse – Brandler ist eine der ganz großen Dolomitentouren. Unglaublich, dass bereits 1958 diese „Diritissima“ im zentralen, überhängenden Wandbereich der Großen Zinne realisiert wurde. Alfred wollte sein Tourenbuch mit ein paar „gscheiden“ Dolomitentouren „aufpeppen“.
die Drei Zinnen mit ihren weltberühmten Nordwänden
Somit sprachen wir schon seit geraumer Zeit davon, die Hasse-Brandler zu versuchen. Als dann das Wetter auch noch so gut vorausgesagt war, düste ich vorzeitig mit Manuel Richtung Südtirol.
frühmorgendlicher Zustieg
Nachdem wir die „Perlen vor die Säue“ auf der Kleinen Zinne am ersten Tag, die „Pacchia“ und die „Aspettando la vetta“ auf der Tofana am zweiten und dritten Tag kletterten, war die Zeit gekommen, uns in die mächtige Nordwand zu trauen. Manuel musste leider schon wieder nach Wien düsen, und machte mit Alfred einen fliegenden Seilpartnerwechsel.
da wollen wir rauf
Am Abend vor der Tour trafen wir noch recht chaotische Tschechen, die von der Nordseite berichteten. Angeblich solle es am Einstieg 7-8m Schnee geben. Da sie aber einen sehr eigenartigen Eindruck machten, verließ ich mich nicht auf dieses vernichtende Urteil und wollte es selber wissen.
Standplatz in der „Hasse“
Vollbepackt mit warmer Kleidung, einen Satz Friends und allem anderen was so dazugehört machten wir uns dann auf Richtung Nordwand. Als wir beim Paternsattel ankamen, sahen wir, dass es zwar Schnee beim Einstieg gab, allerdings weit weniger als uns versichert wurde.
die Franzosen sind bereits in der dritten Seillänge
Außerdem war es auch kein Problem das Schneefeld mit unseren Patscherln zu queren. Am Einstieg kamen wir dann drauf, dass es wärmer als erwartet war. Zwar ließen wir die lange Skiunterwäsche an (im Tal sollte es an diesem Tag 32°C bekommen…) aber dennoch ließen wir einen ganzen Rucksack mit warmer Kleidung beim Einstieg zurück. Dann gings los.
Alfred und ich am Standplatz, welche fast immer gemütlich sind
Die erste Länge ist immer etwas komisch. Nach 50m fühlten wir uns dann bereit. Wir sahen, dass eine Seilschaft bereits in der dritten Länge am werkeln war. Sie waren nicht besonders schnell und zogen immer einen dicken Rucksack hinter sich her.
ich knacke die erste 6c Länge
Wir hingegen hatten nur einen kleinen „Daypack“, den der Nachsteiger am Rücken rauftragen durfte. Ab der zweiten Länge kamen wir dann so richtig rein. Schöne Wandkletterei bis 7+ leitete uns hier höher. wir hängten öfters 2 Seillängen zusammen, was uns recht schnell machte.
tolle Leistenkletterei im unteren, senkrechten Wandteil
Die Absicherung war ganz ok: an den Ständen und an den schwersten Stellen gab es Bohrhaken und dazwischen viel Dolomitenrost. Nach einer Querung nach links standen wir dann gemeinsam mit den Franzosen genau dort, wo wir eigentlich hin wollten: unter der berühmten umgekehrten Riesentreppe.
weiter gehts – die Franzosen ziehen ihren großen Rucksack mittels Flaschenzug rauf
Da wir offensichtlich schneller waren, gaben sie uns den Vortritt. Ich muss zugeben, dass ich sehr nervös war, als ich in die erste dieser schlüssellängen einstieg. Die Absicherung hier war im Prinzip genauso wie unten, nur war die Kletterei hier schon anspruchsvoller und vor allem um einiges anhaltender.
tolle Wandkletterei auf gutem Fels
Ich glaube, dass man hier technisch nicht A0 drüber kommen würde. Man muss schon ein wenig zwischen den Haken klettern. Hier gabs auf 30m einen gebohrten Haken, der meine Nerven etwas beruhigte. Ansonsten gabs vieles… vieles in vielen schönen rostigen Farben und erdenklichen Variationen.
Zinnen Nordwände – ein super Ambiente!
Mir kam diese Länge ewig vor. Aber irgendwann hat alles mal ein Ende. Und so kam ich dann an einem total exponierten Standplatz an. Die Seile hingen ins Lehre… Alfred folgte zügig. Als er dann in der darauffolgen kurzen, sehr atlethischen Länge (8+) sich mit einer Mischung aus technischer und freier Kletterei raufarbeitete, war mir alles andere als wohl. Die Haken schauten wirklich nicht sehr vertrauenserweckend aus.
los gehts in die Schlüssellängen – die verkehrte Riesentreppe
Dann war ich dran. Doch ich merkte, dass ich schon den vierten Tag in Folge unterwegs war, und schon ein paar (für mich) schwere Längen in den Knochen hatte. Hier wurde mir klar: du hast noch 3 überhängende Längen im 8. Grad vor dir, und danach noch die Ausstiegsrisse und den ganzen Abstieg.
suuuper exponiert – Alfred in der ersten der Schlüssellängen
Das würde noch viel Kraft und Konzentration fordern. Also sollte ich mit meinen Kräften etwas haushalten. Mein Magen verkrampfte sich in den letzten Tagen zunehmends… warscheinlich auf Grund der Anspannung vor einer solchen Tour. Kurzum: ich war alles andere als entspannt.
Alfred in der 8+ – die zweite Schlüssellänge
Also beschloss ich, nicht lang rumzufackeln und auf den Versuch einer Rotpunktbegehung zu verzichten, da ich sonst Gefahr laufen könnte, mich zu verheizen. Wie Alfred arbeitete auch ich mich in einer Mischung aus technischer und freier Kletterei die 15 überhängenden Meter zu seinem Standplatz rauf.
einer der exponiertesten und ungemütlichsten Standplätze in der Hasse-Brandler
Danach war wieder ich dran… verdammt 🙂 30 / 35m überhängend, viel Rost, sehr exponiert… die Zutaten blieben dieselben wie zuvor. Komisch wie schnell man sich an diese schlechten Haken gewöhnen kann. Ohne zu zögern nahm ich jeden auch noch so schlecht wirkenden Haken und belastete ihn sofort mit meinem Körpergewicht.
atlethische Kletterei mit Rucksack…
Wieder kam es mir wie eine Ewigkeit vor… Doch irgendwann kam dann der erhoffte Standplatz. Wirklich eigenartig, wie bequem die Stände in einer solch überhängenden Tour sein konnten. Mit einer Ausnahme konnte man wirklich immer recht bequem stehen.
nächste Crux – alles was hier fallen gelassen wird, fällt bis zum Einstieg ohne aufzuschlagen
Alfred folgte zügig und nahm die letzte der Schlüssellängen in Angriff. Er war sehr gut gelaunt und machte auch schnell Meter. Bei meinem folgenden Nachstieg dieser letzten Crux machten sich die letzten Tage und die vortgeschrittene Tour bemerkbar: ich bekam Krämpfe in den Oberarmen und mein Magen knurrte.
Alfred in der letzten Crux: steil, brüchig und nass
Egal! Weiter! Eine weitere Seillänge später standen wir auf dem „Biwakband“ wo das Wandbuch deponiert ist. Hier machten wir eine kurze Rast. Von den Franzosen war nichts mehr zu sehen und zu hören.
ich darf das ganze wieder mit Rucksack machen 🙂
Im Wandbuch fanden wir dann die Einträge von uns bekannten Kletterern und einer Legende: Wolfgang Güllich ROTPUNKT 1988! Auf der letzten Seite fanden wir dann auch noch einen Platz für unseren Eintrag. Der Rucksack wurde anschließend erleichtert und die Vorräte schrumpften mit jeder weiteren Seillänge.
Wolfgang Güllich – eine Kletterlegende – steht hier im Wandbuch
Die Ausstiegsrisse waren mit einer Ausnahme aber trocken und meist ganz gut zu klettern. Trotzdem wars anstrengender als gedacht und diese vermeindlich leichten Seillängen nahmen noch einiges an Zeit in Anspruch. Nach 8h 30min Kletterei stiegen wir dann überglücklich und erleichtert am Ringband aus.
Alfred macht sich an die Ausstiegsrisse – die letzte ganzkörperanstrengende Hürde
Auf der Südseite genossen wir noch ein wenig die Sonne und brauchten unsere letzten Vorräte auf, bevor wir uns über die Westwand abseilten. Alfred erwies sich als überaus großzügig, als er sich bereit erklärte, den am Einstieg zurückgelassenen Rucksack zu holen. Keine 15min nachdem ich beim Auto die Klettersachen nach einem langen, anstrengenden Tag fallen ließ, kam schon Alfred angejoggt.
fix und fertig wieder beim Auto…
35min brauchte er vom Einstieg bis zum Auto… nach einem solchen Tag! Nach einer luxeriösen Dusche (dank Alfreds Bus) und einer mächtigen Portion Nudeln begossen wir die Tour mit ein paar Bierchen und einer Flasche Rotwein.
nach einem Bier schaut die Welt ganz anders aus 🙂 auf die Tour wurde kräftig angestoßen
Ziehmlich beduselt legten wir uns (oder zumindest ich) schlafen. Am darauffolgenden Tag (mein 26. Geburtstag) machten wir noch die Cassin am Preußturm zum Ausklettern, bevors zurück in den Ernst des Lebens ging. Was bleibt sind Erinnerungen (und Fotos) von einer grandiosen und eindrucksvollen Tour, die ich nicht vergessen werde!
Es ist für mich unfassbar, wie Alexander Huber das free solo klettern konnte! Eine unglaubliche Leistung!
7 Kommentare
Flo · 5. Juli 2010 um 8:02
Geil, Geil, Geil
lg Flo 🙂
Markus · 5. Juli 2010 um 10:11
wow!
ewald · 6. Juli 2010 um 14:12
Gratulation!
Seit echt tolle Alpinisten, Werner
erzählte mir auch vom super Korsika Urlaub….!
Auf in das Xeis da warten noch viele Abenteuer 🙂
LG EW.
andreas · 6. Juli 2010 um 18:33
Chapeau und weiter so!
Alex · 4. August 2010 um 8:16
Respekt & Gratulation zu dieser großartigen Tour.
LG, Alex
Flo(h) · 24. September 2010 um 11:44
WOW, ich bin beeindruckt
Ziemlich genial
peter · 1. Oktober 2010 um 12:31
merci 🙂