Nichts als Granit
Nach der Comici und der mehr oder weniger nüchtern überstandenen Hochzeit von Karli und Nicki gings gleich weiter Richtung Bergell… Ich traf mich mit Volker in Landeck und schon gings weiter ins verregnete Val di Mello. Am Tag drauf machten wir uns nach einem gemütlichen Frühstück auf zum Gewaltmarsch Richtung Gianettihütte.
Weg zur Gianettihütte – im Hintergrund die Granitwelt des Bergell
3,5h später erreichten wir diese auch, nachdem wir vor einem annähernden Gewitter die Beine in die Hände nahmen und Fersengeld gaben. Tags drauf war das Wetter gut, nur die Temperaturen waren etwas frisch.
Dente della Vecchia – unser erstes Ziel
Zum Eingewöhnen wollten wir die markante Nadel namens „Denta della Vecchia“ besteigen. Hier machten wir die Touren „Carmageddon“ und „Godzilla“. Der Fels ist hier ein absoluter Hammer: Platten, Risse, Überhänge, Granitsinter, Chickenheads – und alles in perfekter Gesteinsqualität.
Volker in der „Carmageddon“ (6+) am „Dente della Vecchia“
Volkers Hände waren von seinen vielen Klettertouren so ruiniert, dass seine Finger alle geschwollen waren und die Handrücken sowie seine Nase einen ziehmlich starken Sonnenbrand hatten. Damit kam ich ins Spiel: Ich durfte ab diesem Zeitpunkt mehr oder weniger alles vorsteigen.
Granit von der allerfeinsten Sorte – so findet man ihn nur hier im südlichen Bergell
Am zweiten Tag gings zum 1. Turm des Cengalo im Südwestgrat. Hier gibts in der Ostwand 3 Touren, die interessant für uns wären. Da die rechten zwei etwas nass waren, entschlossen wir uns für die „Don Carlos“ – die einzige Bohrhakentour von unseren Optionen.
Volker in der „Godzilla“
Wir hatten zwei verschiedene Topos, wobei beide nicht stimmten. Die steile Einstiegsplatte war hier mit 6b+ bzw. 6c angegeben – 6b obligatorisch. Also stieg ich ein, und dachte nach gut 15m, dass ich diese 6b+ / 6c Passage hinter mir hätte.
super Eingewöhnungstouren am „Dente della Vecchia“ (=Zahn der Alten)
Doch dann kams dick: für mich extrem anspruchsvolle Kletterei, kleine Unter und Seitgriffe, auf der steilen Platte stehend, weit über dem Bohrhaken, schwitzte ich den Alkohol des vorigen Abends mehr als nur raus.
hier begingen wir die „Don Carlos“ (8)
Es kam mir ewig vor und die Nähmaschine war auch auf dem besten Weg in Höchstgeschwindigkeit zu arbeiten. Vielleicht war es die Angst, oder das Wissen, dass ich mich A0 nicht drüber schwindeln konnte – aber ich schaffte diese für mich sehr anspruchsvolle Länge dann doch noch onsight.
Microgriffe und Reibungstritte in der steilen & weit gesicherten Einstiegsplatte der „Don Carlos“
Als Volker auch den Stand erreichte, und das Topo zeichnete, wertete er die Tour auf eine glatte 7a auf. Dann hatte ich mich also doch nicht getäuscht… der Führer „Nichts als Granit“ lag wirklich einiges daneben…6b obl. – das ich nicht lache!
die Ausstiegsrisse – Granitkletterei vom Allerfeinsten!
Diese 7a ist zwingend zu klettern! Danach gings leichter weiter. Dafür reduzierte sich auf einmal die Bohrhakenanzahl. Am Grat entlang gings über korsikaähnlichen Granit zur Ausstiegslänge. Hier hatte ich die Qual der Wahl – es standen zwei perfekte Risse zur Auswahl.
Genußklettern in der „FVK“ (6+) am „Torre del Leone“ – Tour Nr. 2 an diesem Tag
Nach dieser gelungenen Begehung seilten wir ab und machten beim Rückweg zur Hütte noch die Genußtour „FVK“ auf den Torre del Leone. Das war dann die „Topoguide – Pflichtübung“ für diesen Tag.
Volker in der Schlüssellänge der „Selen“ auf der „Punta Torelli“
Schließlich sollten auch Genußtouren im 2. Teil des Kletterführers mit von der Partie sein. Am letzten Tag auf der Hütte hatte Volker noch eine Tour auf die Punta Torelli vor. Wir machten uns auf zur „Selen“, deren ersten drei Längen über steiler werdende Platten führt.
Blick zum berühmten Nachbarn – der Piz Padile
Auch hier untertrieb das Topo mit den Schwierigkeiten. Hier gibts eine 50m Plattenlänge mit ca. 7 od. 8 Haken, die mit 6a / b angegeben war. Schlussendlich fand ich hier auch zwingende Passagen im 7+ Bereich… und das alles in einer steilen Platte… wie ich Platten hasse… hassen gelernt habe.
am Gipfel angekommen – wir hatten tolles Wetter und perfekte Fernsicht
Der Rest der Tour war dann wieder im 6 Grad, der teils selbst abzusichern war. Bei perfektem Wetter stand ich nach 4h Kletterzeit mit Volker auf meinem ersten Bergell 3000er. Hier gibts sogar ein neues Gipfelkreuz – Aussicht auf den Piz Padile inklusive.
die Granitwände des „Val di Mello“ – unsere nächsten Ziele
Nach einem 4stündigen Abstieg von der Punta Torelli genossen wir das erste mal seit Tagen wieder mal eine Dusche. Es ist total herrlich, wenn man nach 5 Klettertouren, vielen Höhenmetern im Auf und Abstieg, total verschwitzt, stinkend & total müde im Tal ankommt.
ein wahnsinns Riss zieht 40m in der Kundalini empor
Eine Pizza mit ein paar Bier und Profiterol stand dann am Abendprogramm. Danach gabs noch eine Rockeinlage einer Lokalband, welche Volker in seine Sturm und Drangzeit zurückschwelgen ließ 🙂 Tags drauf schliefen wir aus und machten uns am späten Vormittag gemütlich auf ins Val di Mello.
ein Offwith Riss, der sich nicht absichern lässt
Hier machten wir uns an der „Kundalini“ zu schaffen – einem Klassiker und sehr bekannten Tour im Tal. Der Granit war einfach perfekt, die Absicherung sehr karg… man bringt hier schon 2 Sätze Friends in einigen Seillängen unter.
schlechter Standhaken in der „Kundalini“
Durch das schöne Wetter hatten wir extrem heiße Temperaturen (ca. 35° im Schatten und mind. 60 – 70° Felstemperatur). Ich war schon etwas abgehärtet von unserem heurigen Korsikaurlaub, aber Volker tat sich schon etwas schwerer mit so heißen Bedingungen.
eine gute Piazübung 🙂
Dennoch: Die Tour war extrem genial und wir holten uns dann noch im Tal eine Abkühlung im Bach. Volker zauberte dann ein feines Abendessen, und ich bekam ein kühles, original fränkisches Bier serviert. Ein Stück Heimat muss wohl immer dabei sein bei einem Kletterurlaub 🙂
Abkühlung nach der Hitzebegehung der „Kundalini“ im Val di Mello
Tags drauf stand dann unsere Abschlusstour auf dem Programm. Und da wir der Hitze etwas entfliehen wollten, starteten wir sehr früh, um Mittags am Ausstieg zu stehen. Was folgte, war nicht nur die letzte, sondern auch die beste Tour der Woche: die „Luna Nascente“ zieht durch perfekten Granit und hat gleich am Einstieg die schwerste (Boulder)Stelle (ca. 7 / 7+).
die zweite Länge in der „Luna Nascente“ (7-)
Nach einer weiteren kurzen Länge im unteren 7. Grad gings dann los: Verschneidungen und Risse im allerfeinsten Granit wechselten sich ab. Ich brachte oft fast einen ganzen Satz Friends unter, und es fühlte sich trotzdem nicht übersichert an.
eine Traumverschneidung jagd die andere
Hier jagt eine Highlightseillänge die nächste! Das natürlich zum selbstabsichern, wobei die Stände immer mit guten, geschlagenen Haken eingerichtet waren. Ab und zu findet sich auch ein geschlagener Zwischenhaken, ein Fixkeil oder Fixfriend.
die Standplätze lassen sich einfach & sehr gut einrichten
Aber im Großen und Ganzen darf man hier schon selbst einiges legen. Da es ein bischen bewölkt war, waren die Temperaturen angenehm kühl. Lediglich zum Schluss wurde die Tour etwas schlechter.
und das alles im allerbesten Gestein – obergenialst!
Ein 40m Quergang im leichten Gelände (3+) liess sich mit einem einzigen Friend (B.D. 0.75) absichern, was auch den Nachsteiger eine gewisse Konzentration abforderte. Die zwei Abschlusslängen hängte ich auf Volkers Anraten zusammen: ein 15m Riss (5 1.SL), und danach eine 45m Platte (6- 2.SL), die nicht abzusichern ist.
Black Diamond Friend Größe 4 sagt hallo zu diesem Riss 🙂 – ca. 5+
Dennoch war die Tour ein absoluter Hit. In der netten, gleichnamigen Hütte (Luna Nascente) stärkten wir uns dann noch, bevor wir uns wieder Richtung Auto & Heimweg machten. Es war eine tolle Woche in durchwegs perfektem Granit und schönen Touren.
zwei Seilschaften in der „Luna Nascente“ – hier zieht ein 45m Riss empor
Außerdem war es wieder einmal ein neues Gebiet für mich, welches mir Volker schmackhaft machte. Danke an dieser Stelle für diese tolle Woche, die netten Geschichten und die super Touren. Für alle die es noch nicht wissen: 2010 wird ab ca. März der neue Topoguide 2 erhältlich sein.
Volker & me – Danke für diese tolle Woche!
Dabei handelt es sich nicht um ein Update, sondern um einen eigenständigen Band, der ca. 250 Touren im gesamten Alpenraum beinhaltet. Am besten, ihr bestellt ihn euch gleich auf der Topoguide Seite direkt vor. Für alle, die auf selbst recherchierte Infos und eine unabhängige Meinung wert legen 🙂
Fotos Carmageddon
Fotos Godzilla
Fotos Don Carlos
Fotos FVK
Fotos Selen
Fotos Kundalini
Fotos Luna Nascente
Webtip: Topoguide
5 Kommentare
Flo · 22. August 2009 um 22:50
Was soll ich da noch sagen?
Saugeil!!! Super Fotos und traumhafte Touren bei nahezu perfektem Wetter!
ja, Topoguide kann ich nur wärmstens empfehlen!!!
lg Flo 🙂
Andrea · 24. August 2009 um 9:08
Aua!! Ist das ein Bauchfleck geworden?
peter · 24. August 2009 um 12:20
Nein 😀 das ist ein gaaaanz schöner Köpfler gwesen! Vokers Haltungsnoten lagen bei 9,4 oder so 😉
Flo · 24. August 2009 um 15:58
… für eine 10 hätten die Füße (Zehen) noch nach hinten gestreckt sein müssen 😉
Steini · 27. Oktober 2009 um 10:20
meine fresse. der granit schaut einfach nur hammer aus. wenn net das leidige selbst absichern wär (des i mir einfach net zutrau).
naja irgendwann lern ich des auch noch! schaut einfach nur brutalst geil aus. wenn i sowas seh hätt i zur zeit jede freie minute bock auf klettern!