Sardinien 2013

Veröffentlicht von export am

Die selbstauferlegte Regel sich jedes Jahr mindestens ein neues Klettergebiet anzuschauen lies mich im Frühjahr etwas grübeln. Letztes Jahr waren wir in der Verdonschlucht, welche wohl nur sehr schwer zu toppen sein würde. Außerdem hatte ich noch nicht wirklich eine Idee. Was hilft da? Genau – Internetrecherche. Diese führte mich mal wieder auf die Website von Thomas Behm. Auf seiner Seite bekommt man immer wieder Ideen für Touren und Urlaube. Schließlich hatte ich noch etwas e-mail Kontakt mit Thomas, welcher mir vorschwärmte, wie toll die sardischen Multipitch Routen sind. Somit war für mich klar, wohin es geht. Nun musste nur noch Matthias überredet werden. Zugegeben – das war wohl die leichteste Übung 🙂 Der Termin wurde fixiert und die Fähre gebucht. Dann gings endlich los. Mit der Nachtfähre gings ab auf die Insel und am ersten Urlaubstag waren wir bereits im warmen Süden. Zur Urlaubseinstimmung wollten wir was Steiles klettern. Somit fiel die Wahl auf die „Millenium Bug“ in der impossanten Milleniumgrotte.


die mächtige Milleniumgrotte – wer erkennt die Leute am Fuß der Wand?

Zugegeben: der Zustieg ist nicht schwer zu finden. Befolgt man allerdings genau den Führer, kommt man schnell mal in Teufels Küche. Dies sollte uns noch öfter so gehen in diesem Urlaub. Schlussendlich haben auch wir dann die extrem eindrucksvolle Grotte gefunden und stiegen in die Tour ein.


Blick von innen raus – die Grotte misst sicher 50m an der höchsten Stelle!


Matthias in der steilen „Millenium Bug“

Sie führt vom linken Rand der Grotte immer steil über den Rand derselbigen in die Mitte um dann nach oben hin auszusteigen. Hier hatten wir schon mal einen gewaltigen ersten Eindruck von Sardinien abbekommen. Hier wollten wir auf jeden Fall wieder herkommen. Eine der Musstouren auf Sardinien wenn es nach Thomas geht, ist wohl die „Sette anni die solitudine“ an der Punta Giradili.


die Punta Giradili


Matthias in der ersten Länge der „sette anni die solitudine“

Sie ist von Michel Piola erstbegangen worden und verspricht sehr abwechslungsreiche Kletterei in perfektem Fels. Das Highlight ist hier wohl die lange Verschneidung und die sehr steile 6b Länge kurz vor dem Gipfel.


in der steilen und wunderschönen Verschneidung


hoch oben am Pfeiler

Wir hatten den ganzen Tag Sonne und wollten am nächsten Tag was im Schatten machen. Wir suchten uns eine vier Seillängen lange Tour an der Wand vis a vis aus. Den Zustieg fanden wir gleich, allerdings irrten wir dann 1,5h bei gefühlten 35°C in der stehenden Luft durch die Macchia am Wandfuß. Für die sicher über 2km lange Wand gab es im Führer nur eine 2cm² große „Übersichtsskizze“, die nur einen kleinen Teil der Wand zeigt. Wir liefen hin und her und fanden nichts! Irgendwann erspäten wir dann einen Bohrhaken. Es war zwar höchstwarscheinlich nicht unsere Tour, aber uns wars mittlerweile egal. Wir stiegen also ein. Wo wir da hineingeraten waren, sollten wir schnell zu spüren bekommen. Die Tour war sehr, sehr technisch und extrem kleingriffig. Mit Mühe und Not absolvierten wir die ersten zwei Seillängen. Danach haben wir zum Rückzug geblasen… Schimpfteraden über den Führerautor mit seinen spartanischen Zustiegsbeschreibungen und irrwitzigen Wandskizzen inklusive… Ich finde es schade, dass ein sogenannter Local sich viel Mühe für einen solchen Kletterführer gibt, und dann bei solchen Sachen offensichtlich „zurück hält“. Ein paar genauere Übersichtsskizzen und bessere Zustiegsbeschreibungen bzw. Wandübersichtsbilder wäre sehr hilfreich. Womöglich sind wir auch verwöhnt von diversem anderen Führermaterial alla Topoguide und co? Egal – wir hakten den Tag ab und fuhren nach Cala Ganone.


frühmorgendliches Bad im sardischen Meer

Als nächstes war ein „Ruhetag“ am Strand von Cala Luna geplant. Vorsichtshalber packten wir die Klettersachen auch mit ein und fuhren mit dem Boot (Spezialpreis für Kletterer 10€ – statt den üblichen 15€) an den malerischen Strand. Rumliegen interessierte uns aber herzlich wenig.


die Grotten von Cala Luna (vom Boot aus fotographiert)


„no hand rest“ in einer 7a+

Zu schön war der Fels. Nach einem stark überhängenden 7a+ „warmup“ suchten wir uns eine 7c raus, die wir beide im 3. go punkten konnten. Was für eine Perle! Nix mit Ruhetag 🙂 Wir parkten Abends wieder bei Cala Fuili.


ein Ruhetag wie er im buche steht 😉

Am nächsten Morgen standen wir auf und namen noch vor dem Frühstück ein erfrischendes Bad im Meer – Sonnenaufgang inklusive 🙂 So muss Urlaub sein! Ich kann mir wirklich schlimmeres vorstellen. Nach gemütlichem Frühstück gings dann auf zur Milleniumgrotte. Hier zogen wir uns eine Kalymnotische Sintertour nach der anderen rein.


Sinterkletterei alla Kalymnos

Müde und zufrieden fuhren wir am Abend Richtung Landesinnere. Unser Ziel war die Parete Donneneittu mit der Tour namens „L´Angelo Assassino“. Thomas beschreibt die Tour in seinem Topo wie folgt: „magische graue Linie zwischen gelben Überhängen in einer absolut wilden und einsamen Gegend“. Und er hielt Wort! Die Anfahrt in dieses wildromantische Tal war schon ein Abenteuer für sich. Der Zustieg am nächsten Morgen war schnell gefunden.


Zustieg zur „l´angelo assassino“

Somit stiegen wir in dieses Bollwerk ein. Die Tour war dann der absolute Hammer: nach anfänglicher nur „schöner“ Kletterei gings ab Seillänge 4 dann richtig los: grauer Edelkalk mit Tropflöchern genau da wo man sie braucht – einfach unglaublich.


grauer Edelkalk und gewaltige Kletterei


Matthias in der grenzgenialen Schlüssellänge

Die 7b Länge war uns einen Tick zu heftig um sie onsight zu knacken… die Italiener sind einfach super Techniker. Aber trotzdem schafften wir alles frei und konnten sehr zufrieden nach getaner Arbeit mit breitem Grinsen abseilen (50m freihängender Abseiler inklusive).


die Kletterei ist anhaltend sehr technisch


Fels vom Feinsten

Dann gings wieder Richtung Braunei wo wir den Megaklassiker „Wolfang Güllich“ für den nächsten Tag geplant hatten. Diese Tour zieht rechts neben der „sette anni di solitudine“ 400hm kerzengerade die Südwand rauf. Der Fels ist hier genauso perfekt, nur eben weniger abwechslungsreich.


Tropflochkletterei in der „Wolfgang Güllich“


steile und schöne Kletterei

Wer Tropflochkletterei gerne hat, ist hier genau richtig. Man hat 400Hm davon! Trotzdem wunderten wir uns oft über die Platzierungen der Stände… oft wurde der Stand einfach nur dämlich mitten in die Platte gebohrt, wo man doch in 2m Umkreis zumindest halbwegs stehen konnte… manche Logik wird mir wohl immer verschlossen bleiben. Egal – eine schöne Tour wars trotzdem!


Tropflöcher von unten bis oben – ein Wahnsinn


dolce vita sulla roccia 🙂


„after climbing bierchen“ am Meer mit Sonne – alles da was man braucht 🙂

Abends gings wieder mal ans Meer wo wir ein sehr nettes Grazer Pärchen kennen lernten. Für den planten wir unseren „Pflichtbesuch“ an der Cala Goloritze – den Turm der Türme. Auf diese Nadel führt der schwerste „Normalweg“ Italiens (6b). Nach einstündiger Wanderung erpäten wir das Objekt unserer Begirde.


der „Turm der Türme“ – die Cala Goloritze


tolle Aussicht aus der Wand


supergeniale Kletterei am Turm der Türme

Und wir waren (natürlich) nicht alleine. Es wurde schon fleißig geklettert. Also suchten wir uns die einzig freie Linie aus, von der wir ein Topo hatten – die „itu damagoni“. Die Kletterei war hier einfach genial: technisch, abwechslungsreich und super Fels.


Aussicht zu unserem „after climbing“ programm 🙂


obligatorisches Gipfelfoto


das Wasser ist zwar noch etwas kühl – aber wir haben ja auch brav geschwitzt

Nach dem obligatorischen Gipfelfoto seilten wir ab um dem Strand einen Besuch abzustatten, den wir schon so lange beobachteten. Und das war wirklich eine Perle. Wenn mich jemand fragen würde, was mir besonders gut an Sardinien gefallen hat, dann ist die Antwort mit sicherheit: die wundervollen Strände. Sowas findet man wirklich nicht so schnell! Die Boote scheinen hier immer zu schweben. Bei Rückweg zum Auto (bergauf mit 1,5h angegeben) wollte uns dann so eine „Männergruppe“ überholen. Das lies mein Stolz nicht zu ;D Somit verschärte ich das Tempo. Die Stimmern hinter uns wurden immer weniger, bis nur noch 1 Mann hinter uns nachging. Bis zum Schluss überholte er uns dann natürlich nicht, und wir legten die Strecke in 45min zurück 🙂 – mit Crox bzw. Sandalen und Badehose… das war wohl eine schöne Niederlage für unsere deutschen Verfolger (mit hohen Bergschuhen) *gg*. Der nächste Tag brachte nichts gutes: wieder mal verirrten wir uns in der Macchia, weil wir die (echt miese) Zustiegsbeschreibung offensichtlich falsch deuteten. Das Fazit dieses Tages war: der erste Tag ohne Klettermeter und 2h herumkoffern in der Macchia bei 30°C. Abhaken und weitermachen hies die Devise. Wieder gings ins Landesinnere, wieder in eine neue Gegend. Unser Wunschziel war eine Tour namens „stella di sangue“ am Brunco Nieddu.


die „stella di sangue“ am „brunco nieddu“


Matthias in einer anspruchsvollen und sehr technischen 7a Länge

Schon bei der Hinfahrt hatten wir dasselbe Spiel: die Anfahrtsbeschreibung war für die Katze – wir machten also ein paar Extrameter und kurvten etwas ziellos durch die Gegend. Zumindest hatten wir eine Ahnung wo wir hin mussten. Es würde also wieder spannend werden… am nächsten Tag gings dann los. Das sogenannte „Wäldchen“ (original Zitat des Führerautors) sollte sich als ausgewachsener Wald mit wuchender Macchia herausstellen.


da darf man sich schon festhalten 🙂


manche Bolts waren schon sehr verrostet (nicht alle!), obwohl die Wand 25km im Landesinneren liegt

Dennoch hatten wir eine gute Spürnase und fanden auf Anhieb die Tour. Das gab ein High Five am Einstieg – yeah. Da die Tour sehr anhaltend war (6c+, 7b, 7b, 6c+, 7a, 7a+, 6b+, 7a), beschlossen wir die Längen aufzuteilen: ich führte die ersten 4 – Matthias die letzten 4 Seillängen. Und die Tour war wirklich toll. Mit Ausnahme der sechsten Seillänge konnten wir beide alles onsight klettern (und die letzte haben wir ausgelassen, weils uns gar zu plattig ausgeschaut hat). Alles in allem wieder mal eine tolle Tour in perfektem Fels! Die Finger waren schon gar arg mitgenommen, und die Zehen wollten einfach nicht mehr aufhören weh zu tun. Für unseren letzten Tag suchten wir uns noch was Besonderes aus.


so lässts sichs frühstücken

Wir wollten eine etwas gemütlichere und nicht allzu lange Klippenkletterei genießen – die Tour namens Apriti Cielo versprach vom Topo her eine tolle Sache zu werden. Und wo wars dann auch. Bei 30°C und viel Wind ließ es sich oben ohne überm Meer schon aushalten. Der Fels war perfekt und die Kletterei wirklich toll – unsere Finger und Zehen hätten keinen Meter mehr vertragen.


traumhafter Fels an der Küste in der „apriti cielo“


ein wunderschöner Abschiedsgruß von Sardinien

Dann mussten wir Abschied nehmen. Mit der Nachtfähre gings wieder ab nach Livorno, von wo wir dann am nächsten Tag den Heimweg antreteten. Unser Fazit: Sardinien ist sehr rauh  und bietet extrem viele Klettermöglichkeiten für jedermann. Egal ob steil, flach, kurz oder lang – hier gibts findet jeder was er gerne hätte! Es war wieder mal ein super Kletterurlaub – genauso wie man ihn sich vorstellt.


die sunnyboys – es war ein super Urlaub

Danke an Thomas für die tollen Infos und für das Leihen des Ketterführers!Und vielen Dank an Matthias – es ist immer wieder genial mit dir auf Kletterurlaub zu fahren!

Fotos:
Millenium Bug
sette anni di solitudine
l´angelo assassino
Wolfgang Güllich
itu damagoni il mio veleno
stella di sangue
apriti cielo

Sportklettern Cala Luna & Milleniumgrotte


2 Kommentare

andreas · 3. Juni 2013 um 11:29

Bei den tollen Pics werden die Übereste meiner Bizepssehne ganz unruhig:-).

peter · 3. Juni 2013 um 13:28

optimöbel !

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